06.09.2018

40 Jahre Pfrundhausachter

Gerne der Zeiten gedenk‘ ich
da all meine Glieder gelenkig
bis auf eins.
Doch die Zeiten sind vorüber,
steif geworden alle Glieder
bis auf eins.

Vor vierzig Jahren haben wir, alles ehemalige Rennruderer, beschlossen, uns regelmässig jeweils am Donnerstag für eine Ausfahrt in den Achter zu setzen. Im Sommer um 18 Uhr, im Winter um 12 Uhr. Wir haben uns feste Regeln gegeben, zu den genannten Zeiten am Boot bei jedem Wetter, wer nicht kann sorgt für Ersatz. Und das funktionierte dank eiserner Disziplin und unserem Spiritus Rector und Ruderlegende Emil Ess als treibende Kraft jahrelang perfekt.

Die meisten waren zwischen 30 und 40 Jahre alt und wir fühlten uns damals unheimlich alt. Wir starteten daher auch einige Male an den Schweizer Meisterschaften auf dem Rotsee in der Kategorie Veteranen, heute heisst es Masters, sowie an diversen anderen Regatten. Irgendwann wurden wir dann klubintern etwas abschätzig als Pfrundhausachter betitelt, was uns dann doch etwas in unserer Eitelkeit getroffen hat. Es ist aber eine Tatsache, dass sich vier von uns immer eine Viertelstunde vor der Ausfahrt an der Ecke Pfrundhausgasse/Repfergasse gegenüber vom Pfrundhaus, ein zentraler Punkt bezüglich unserer Arbeitsplätze zum gemeinsamen Transfer Richtung Bootshaus einfanden. Peggy Götz vom Architekturbüro, Felix Wilhelm von der Bank, Peter Schneider vom Baugeschäft; alle pünktlich und ich aus dem Gega-Schulhaus, wo ich fünf Minuten früher Schulschluss machen musste. Die Schüler haben sich gefreut. Und schon gings los mit Sprüchen, Neuigkeiten und dem üblichen Tratsch, bevor wir es mit konzentriertem Rudern versuchten.

Viele schöne Ausfahrten und auch harte Trainings haben wir erlebt, das gemeinsame Zusammensitzen im Bootshaus selbstverständlich aber auch sehr genossen.

Unvergessliche Höhepunkte waren die Teilnahmen am legendären Langstreckenrennen Head of the River in London. Mancher wird wohl nach den ersten hundert Metern des ca. 4,5 Meilen langen Rennens im angesäuerten Zustand gedacht haben: «Auf was habe ich Esel mich da wieder eingelassen». Und doch, im Nachhinein war‘s super und man nahm ein Jahr später wieder teil.

Eine Rheinüberquerung unterhalb vom Schaaren in einem Dezember wurde der Crew des Pfrundhausachters einmal zum Verhängnis. Hohe Wellen, richtige Brecher schlugen über dem Boot zusammen und liessen es volllaufen. Schwimmend mussten wir Boot und Ruder und uns selbst ans Ufer oberhalb der Verlobungsbucht retten. Wassertemperatur fünf Grad, Luft null.

Im Rückblick war es lustig, wie Fischer mit ihren Motorgondeln die schlotternden Gestalten zum Bootshaus brachten und wir dann unsere rosaroten Körper endlos lang unter der heissen Dusche aufwärmten.

Doch nach vierzig Jahren ist der Motor des Pfrundhausachters ins Stottern gekommen. Immer öfter musste in den letzten Jahren Ersatz gesucht werden. Man ist, wie man so schön sagt, in die Jahre gekommen. Emil Ess und Peter Wehrli sind nicht mehr, einer hat seine Zelte im Tessin aufgeschlagen, einer hat die Liebe zum E-Bike entdeckt und macht nicht nur Obersaxen, nein auch die ganze Ostschweiz, ja halb Europa unsicher, einige haben das Zipperlein oder steife Gelenke. Gerne der Zeiten gedenk‘ ich… etc. Goethe war ein weiser Mann.

Der Pfundhausachter, der vierzig Jahre durchgehalten hat, ist auseinandergebrochen. Doch die Freundschaft bleibt und irgendwann, und hie und da sehen wir uns wieder und wenn‘s nur auf der Bootshausterrasse ist.

Die Hoffnung, dass die Pfrundhüüsler in nächster Zeit wieder einmal den Achter wassern, möge leben.

Uli Keller