26.09.1909

. . . der denkwürdige 26. September 1909

. . . der denkwürdige 26. September 1909

(A. Meister) Nun wissen wir also ganz genau, aus intimer Quelle, was damals in der Laag passierte!
Herr Dr. med. Hans Lichtenhahn hat uns freundlicherweise aus dem Nachlass seiner Mutter, Frau Elsa Lichtenhahn-Maier einen Brief ihrer Freundin Lisa Offermann zukommen lassen. Beide Damen gehörten zu den ersten weiblichen Mitgliedern des Ruderclubs (Damen-Section seit 1908) und waren soeben zu Sprachaufenthalten an verschiedenen Orten in England eingetroffen.
Der dramatische Vorfall fand seinen Niederschlag in den damaligen Protokollen des Vorstandes und in schönen Versen, welche erhalten sind (RCS-Archiv)

Abschrift des Briefes von Lisa Offermann (geb. ca. 1889) wohnhaft in der Rabenfluh in Neuhausen an ihre Freundin Elsa Maier (später Elsa Lichtenhahn-Maier) in Schaffhausen. Damals waren die beiden Freundinnen zu Sprachaufenthalten in England, die eine in Dulwich in London die andere in Westward Ho in Devon.

Dulwich, 4. Oktober 1909
Lieber Igel,
wie Du siehst, bin ich also wirklich in England. Ich kann es selbst kaum glauben, so schnell ist alles gegangen. Ich zweifelte nämlich immer noch, ob man mich gehen liesse, ich hatte auch bis zuletzt harte Kämpfe auszufechten. Also vorgestern bin ich angerückt, die Reise habe ich mit Max Schäfer gemacht, nicht mit meiner Schwester, wie ich zuerst gedacht habe. Papa wollte nicht, dass ich von Paris allein weiterreiste, so musste ich eben die Gelegenheit benützen. Obwohl ich gern über Paris gegangen wäre. Hedwig und ich sind beide miteinander abgereist und Erich ging schon am Tag vorher nach München, so dass die Eltern jetzt auf einmal ganz allein sind. Tant pis, jetzt sollen sie einmal sehen, wie sie allein, ohne uns mit allem fertig werden. Bis jetzt habe ich nicht die geringste Sehnsucht nach Schaffhausen. Höchstens der Rhein wird mir mit der Zeit fehlen. Am letzten Sonntag d.h. gestern vor 8 Tagen, hab ich noch eine Abschiedsruderfahrt gemacht. Sie hat aber ein etwas ungemütliches Ende genommen. Wir waren im Schupfen, Hel Peyer und Elsa Ziegler waren auch mit. Beim Hinunterfahren war ich im Vierer mit meinem Bruder und seinen Freunden. Elsa und Hel im Zweier ohne. Als wir dann kurz nach dem 7-Uhr Schiff landeten, kam plötzlich Arthur Walter keuchend ins Bootshaus gerannt und rief Helen und Elsa seien am Dampfschiff umgelehrt und ich soll ihnen schnell die Kleider ans Schiff bringen. Während die Andern bei Nacht und Nebel wieder aufs Wasser mussten um den 2er abzufangen, falls überhaupt noch etwas davon vorhanden sei, rannte ich im Laufschritt aufs Schiff mit einem Haufen Kleider auf dem Arm, zum grossen Gaudi der vielen Leute, die ich antraf. Ich fand sie dort ziemlich kleinlaut im Kapitänsraum. Sie waren in der Laag gerade an dümmster Stelle an das Schiff gekommen, welches dort ganz ans Land einen grossen Bogen machen muss. Ausweichen konnten sie nicht mehr und so kamen sie direkt in den Radkasten. Elsa konnte noch schnell auf den Radkasten aufspringen. Hel aber ist hineingekommen und das Boot (leider gerade der Rhein) ging natürlich ganz hin. Hel wollte dann gar nicht auf das Schiff. Man erzählte nachher, dass man sie mit Gewalt habe hinaufziehen müssen. Sie hat einige Quetschungen erlitten, aber niemand darf es wissen, denn man hat sowieso schon eine Geschichte gemacht im löbl. Schaffhausen, denn es war fast die ganze Stadt auf dem Schiff und jeder erzählte haarsträubendere Geschichten als der andere . . .

Der Rest des Briefes enthält noch persönliche Äusserungen der jungen Frau. Unterzeichnet ist er von Lisa Offermann c/o Miss Dolfin, Therlow Park Road, Dulwich London SE