10.04.1897

Die Anfänge des Rudersports und die Gründung des Ruderclubs in Schaffhausen

Viele Hinweise in der Geschichte der Wasserfahrt lassen darauf schliessen, dass Rudern neben dem wirtschaftlichen und kriegerischen Zweck immer auch als Ausdruck der Freude an körperlicher Betätigung und am Kräftemessen ausgeübt wurde. Verbürgt sind auch Ruderwettkämpfe im römischen Kolosseum, welches zu diesem Zwecke eigens mit Wasser gefüllt wurde, als Spektakel für das Volk. Wie es dabei um die Freudeder Ruderer bestellt war, verschweigt die Geschichte. Ruderwettkämpfe der Gondolieri und der weiblichen Dienstbotenin Venedig sind um 1610 historisch belegt. Die traditionelle «Doggets Regatta» zwischen Fährleuten auf der Themse um 1715 darf als erste Ruderregatta im heutigen Sinne bezeichnet werden. Eine erste «Weltmeisterschaft» zwischen Berufsruderern wurde 1831 in England im Einer «auf Herausforderung» ausgetragen; diese Wettkämpfe wurden in USA,Kanada und in Australien fortgesetzt.
Schon um 1800 besass das berühmte «Eton-College» Boote für den Amateurrudersport, Berufsruderer waren die Trainer. Dieser Umstand muss den damaligen Schulleitern wohl sehr missfallen haben, waren doch diese «Profis» ein eher rauher Menschenschlag, welcher die Pädagogik der feinen Sitte nur ungenügend vermitteln konnte. Damit erklärt sich auch die Formulierung der ersten Amateurbestimmungen: «Amateur ist jeder, der das Rudern nur aus Liebhaberei mit eigenen Mitteln betreibt oder betrieben hat und dabei keinerlei VermögensVorteile in Aussicht hat oder hatte, weder als Arbeiter durch seiner Hände Arbeit seinen Lebensunterhalt verdient, noch in irgendeiner Weise beim Bootbau beschäftigt ist».
1829 wird das erste «Oxford-Cambridge» Achterrennen ausgetragen und 1839 der «Oxford University Boat Club» gegründet. Im gleichen Jahr findet auch die erste «Henley-Regatta» statt. Werktätige und Künstler bleiben allerdings ausgeschlossen. Engländer gründen 1830den «English Rowing Club» in Hamburg mit ähnlich restriktiven Beitrittsbedingungen.
1862 treffen auf dem Zürichsee die Besatzungen von zwei Mietgondeln zusammen; zwei englische Studenten in der einen, vier Zürcher Metzgerburschen in der andern. Man beschliesst, gegeneinander anzutreten. Die leicht zu bestimmenden Landmarken liegen etwa 800 Meter auseinander. Die Studenten gewinnen das Rennen zum Erstaunen der zufällig anwesenden Zuschauer mit grossem Vorsprung dank ihrer eingeübten Technik.
Bei einem der Zuschauer muss der Funke zur Gründung eines Ruderclubs gezündet haben. 1863 wird der Seeclub Zürich nach englischem Vorbild als erster Schweizer Ruderclub gegründet. Es folgen der Polytechniker Ruderclub 1871, die Société Nautique de Genève 1872, Nordiska 1878, der Seeclub Luzern 1881, der Seeclub Zug 1882, der Basler Ruderclub 1884, Neuchâtel 1885, Biel und Lausanne 1886.

1886 formiert sich der Schweizerische Ruderverband. Auch der Ruderverein Neptun Konstanz tritt bei, obwohl bereits 1883 der Deutsche Ruderverband gegründet worden ist. Der Grund für diese Fahnenflucht könnte darin gelegen haben, dass in Deutschland noch immer die Werktätigen vom Rudersport ausgeschlossen waren. Aus diesem Grunde dürfte denn auch 1905 der «Süddeutsche Ruderverband» mit sozial verträglicheren Statuten gegründet worden sein.
Die Jubiläumsschrift des Zürcher Regattavereins (1909) schreibt über diese Gründerzeit: «Es entstand eine glückliche Mischung von Einheimischen, Fremden, Handwerkern, Kaufleuten und Studierenden, die für den Rudersport die denkbar günstigste Entwicklung verbürgte».
Weitere Quellen zu konsultieren über die reale Situation der Klassenstruktur der Jahrhundertwende in Europa und über deren Auswirkungen auf den Rudersport in der Schweiz bleibe dem interessierten Leser überlassen.
In den Statuten des RCS, welche erst seit dem Jahre 1905 erhalten sind, heisst es im Artikel 6: «Als Aktivmitglied kann jeder unbescholtene Mann vom 16. Altersjahr an aufgenommen werden.» Allerdings unterlag der Entscheid über die Aufnahme einer geheimen Abstimmung der Clubversammlung.In Schaffhausen bringen Dr. Alfred Amsler und Carl Zündel-Merckle
die Ruderidee von ihren Auslandaufenthalten in England und Amerika zurück. Sie finden aber wenig Resonanz. Schon 1888 kehrt David Stokar von seiner journalistischen Tätigkeit in Basel zurück und lässt sich anstecken. Ein eicherner (!) Festsitz-Doppelzweier mit Steuersitz wird beim Bootsbauer Treichler in Zürich bestellt und auf den Namen «Start» getauft. Noch ist wenig über Rudertechnik bekannt; David Stokar sägt die überlappenden Scullholmen kurzerhand ab, weil es zum Rudern praktischer sei. Er beginnt nun auch junge Burschen anzuleiten, die Ausfahrten werden bis in den Untersee ausgedehnt.
Ein Mitglied des Seeclubs Zürich, Emil Schelhaas, nimmt aus beruflichen Gründen Wohnsitz in Schaffhausen. Er fühlt sich ohne Rudersport wie ein Fisch ohne Wasser. Sofort beginnt er zu werben für die Grün