21.06.1994

Donautour 1994

Tourenbericht Inn / Donau

1. Tag, Dienstag, 21. Juni 1994 (Reisetag) Abfahrt um 09.45 Uhr. Mittagsrast im Hotel Gasthof Neuner, Brennbichl (Imst, Tirol). Erster Defekt an der elektrischen Anlage, Reparatur in Garage in Imst.
Fahrt über Wörgi/Kufstein zum A/D Grenzübergang Kiefersfelden. Ein «eisiger » Beamter der Bayrischen Grenzpolizei schnauzt uns an: «Halten Sie uns für eine Tankstelle? Sämtliche Ausweise abgeben und bleiben Sie im Fahrzeug!»
Um 17.15 Uhr beziehen wir in Neubeuern Quartier im Hotel «Hofwirt» (3 Sterne). Bisherige Reisezeit = 7 1/2 Stunden inkl. Mittagsrast und Garagenaufenthalt. Bisher zurückgelegte Kilometer= 429.
Karl und die beiden Peter rekognoszieren zu Fuss noch eine Stelle, wo wir am andern Morgen das Boot einsetzen könnten. Der Rest der Crew wartet vor grossen Radlern sehnliehst auf das Nachtessen, denn schon bald beginnt das WM Spiel Deutschland- Spanien. Neubeuern ist ein kleines, altes Städtchen mit schmucken Bürgerh.usern und einem Schloss aus dem 14. Jahrhundert.

2. Tag, Mittwoch, 22. Juni 1994 1. Rudertag, geruderte km:
35 Sehr schönes Wetter. 10.00 Uhr, einsetzen des Bootes direkt unterhalb der Innbrücke auf der linken Flusseite. Nach 6 km Flussfahrt folgt das erste Kraftwerkwehr «Instau Rosenheim». Das Wehr muss umgangen werden. Verlad des Bootes auf den Anhänger und nach dem Kraftwerk Boot abladen und wieder einsetzen.
Mittagsverpflegung in Vogtareuth. Am Nachmittag rudern wir bis zum Kraftwerk kurz vor der Stadt Wasserburg. Zu Fuss kommen wir durch das Brucktor (erbaut 1470) in die vom Inn fast völlig umschlossene Wasserburger Altstadt mit ihren Laubengängen und mittelalterlichen Gassen. 24 Im Hotel Fletzinger sind wir sehr gut aufgehoben (empfohlen durch den Ruderclub Passau), 3 Sterne.
Die Crew – ausgenommen Giovanni der sich das Spiel Schweiz-Rumänien am Fernseher anschaut – schwärmt in die Stadt aus. Nach ihrer Rückkehr ins Hotel können sie es kaum glauben, dass die Schweiz 4:1 gewonnen hat!

3. Tag, Donnerstag, 23.6.94 / 40 km
Start am Inn um 10.45 Uhr. Auswechseln des Steckers beim Anhänger, ebenfalls Ersatz des Stützrades vom Bootsanhänger. Wunderschöne, tiefgrüne Flusslandschaft, ähnlich einem Naturschutzgebiet. Mittagsverpflegung hoch über dem Inn im Aussichtsrestaurant «Stampf!». Am frühen Nachmittag besichtigen wir das Franziskanerinnenkloster St. Maria, Au.
Anschliessend umfahren wir ein weiteres Kraftwerk und setzen das Boot bei Jettenbach wieder ein.
Im Bereich Mühldorf ist aber am Ufer des Inns kein Kamerad zu sehen und wir rudern weiter flussabwärts, stets nach dem Landdienst Ausschau haltend.
Unverhofft hören wir ein Rauschen und Tosen und stellen mit Schrecken fest, dass wir uns bedenklich rasch einer Stromschnelle nähern.
Schlagmann Werner gibt sofort Kommando zum Wenden des Bootes. Doch bereits zu spät, die Strömung erfasst uns und mit dem Steuer voraus sausen wir über die Flussstufe. Gischt spritzt empor und wuchtige Wellen schlagen ins Boot. Dieses Schauspiel wiederholt sich noch zweimal und wir haben bedrohlich viel Wasser im Boot. Wir entschliessen uns zu einer «Notlandung» im unwegsamen Ufergelände. Nach kurzer Beratung lassen wir das Boot samt Gepäck zurück, durchqueren wildes Gebüsch sowie einen Wald und treffen auf einen Weiler. Ein netter Bayer empfängt uns dort. Wir schildern ihm unsere Odyssee und er erklärt sich spontan bereit, uns nach Mühldorf zu chauffieren. Wir fahren alsdann das Städtchen auf und ab und dem Inn entlang, aber wir finden unseren Landdienst nicht. Sicherheitshalber melden wir uns auch bei der bayrischen Landespolizei. Schlussendlich führt uns Herr Weingartner zu einem neueröffneten Hotel Garni, wo uns die Gerantin die freudige Nachricht eröffnet, dass zwei Ruderer bei ihr Zimmer reserviert hätten. Die Fahrt geht zum Weiler bei Töging zurück, wir holen das Gepäck am Flussufer und kurz vor 22.00 Uhr sind alle beim Hotel Garni und fast gleichzeitig treffen dort auch die beiden Landdienstier ein. Welche Erleichterung! Auf Grund eines Missverständnisses haben Karl und Peter uns beim nächsten Kraftwerk unterhalb von Mühldorf erwartet. Ein feines, aber spätes Nachtessen, sowie von Christian gestifteter guter Wein, entschädigen uns in einem italienischen Restaurant mit flotter Bedienung für das Abenteuer. («Pulcinella » Ristorante/Pizzeria, Mühldorf: Sehr gut!).
Übernachtung im Hotel Garni «Rappensperger », sehr einfach und relativ teuer, weniger zu empfehlen, 2 Sterne.

4. Tag, Freitag 24.6.94/ 30 km
Wiederum strahlendes Wetter. Stets säumt eine prachtvolle Vegetation das Ufer dafür ist nur ab und zu von den Dörfern ein Stück eines typisch bayrischen Zwiebelkirchturmes zu sehen. Auch die Kraftwerke gleichen sich wie ein Ei dem andern. Die einzige Abwechslung sind die zahlreichen Strassen- und Eisenbahnbrücken, die sich über den Inn schwingen wobei die Joche sehr niedrig sind, sodass man bei Hochwasser zum Teil kaum noch unten durchfahren könnte. Mittagsimbiss im Biergarten des Gasthauses Altenbuchner in Markt!. Am Nachmittag Fahrt bis zum Kraftwerk bei Simbach. In unmittelbarer Nähe befindet sich dort ein Ausflugsrestaurant direkt neben einem kleinen See. Am Abend beziehen wir Unterkunft im Hotel «Bayrischer Hof» (4 Sterne) in der an der Salzach gelegenen Altstadt von Burghausen. Romantische, neurenovierte Häuser mit Grabendächern und Stirnmauern in bunten Farben reihen sich aneinander. Das Stadtbild wird zudem von der auf der Salzachterrasse errichteten Burganlage beherrscht. Mit 1034 Metern Länge und sechs Höfen ist dies die grösste Burg Europas! Nach einem feinen Nachtessen -bei dem Christian und Karl endlich zu ihren M’atjesheringen gekommen sind – geniessen wir den warmen Abend im Biergarten des Hotels vor relativ grossen Krügen.

5. Tag, Samstag, 25.6.94/13 km
Wir setzen das Boot am linken Innufer ein und rudern auf die rechte, Österreichische Seite hinüber, umfahren ein weiteres Kraftwerk, setzen das Boot bei Obernberg wieder ein und rudern bis zum Kraftwerk kurz vor Schärding. Das Wetter ist weiterhin strahlend schön und sehr warm. Aber auf dem Inn weht stets eine leichte Brise, die wir sehr zu schätzen wissen. Auf Empfehlung von Christian beziehen wir in Passau Quartier im Hotel «Blauen Bock» und buchen zwei Übernachtungen. Die Hotelzimmer sind kürzlich renoviert worden, aber die Sauberkeit lässt zu wünschen übrig (3 Sterne).
Im Restaurant Pfeffermühle, das zum Hotel gehört, zähle ich 134 verschiedene Grill- und Pfannengerichte auf der Karte zur Auswahl! Das Restaurant verfügt über eine schöne Gartenterrasse mit Blick auf die Donau, direkt neben der Schiffsanlegestelle.

6. Tag, Sonntag, 26.6.94/ 38 km (20 auf dem Inn, 18 km auf der Donau)
Sehr schönes Wetter wie bisher. Das Boot liegt beim letzten Kraftwerk vor Passau und dort stehen prima Bootstransportwagen zum Umfahren des Stauwehrs zur Verfügung. Im Bereich Passau verkehren wir mit dem Bus und Anhänger mehrmals über die Grenze D/A und haben diverse Probleme mit der bayrischen Grenzpolizei, die Fahrzeuge aus sog. Drittländern besonders genau unter die Lupe nehmen. Es bestätigt sich auch, dass selbst ein D-Landsmann nicht ohne Identitätskarte nach Oesterreich ausreisen kann. Einmal fehlt Peters ID und ein anderes Mal finden sie unseren Bootsanhänger überlang und fordern eine Sonderbewilligung. Peter Dreher bringt es aber mit seiner Überredungskunst fertig, dass uns der 4-Stern-Grenzpolizist schlussendlich doch noch weiterfahren lässt. Im laufe des Nachmittags nehmen wir in einem einfachen Biergarten unter vielen farbigen Glühbirnen unterhalb von Passau eine Stärkung ein. 28 Es gibt allerhand zum Trinken, aber zum Essen nur Sülze und dies muss etwas Wunderbares sein, wie uns Chrigel versichert. Frau Wirtin bringt jedem einen Suppenteller mit Sülze, wohlverstanden, ohne Gelatine. Diese Sülze präsentiert sich hellgrau bis weiss, wie bares Rinderfett. Alle schauen einander so komisch an. Der Anblick der Sülze stellt uns den Appetit ab. Verlegen stochern wir im Teller und fischen uns ein Stück Rindfleisch aus der weissen Masse.
Anschliessend folgt das Finale der Rudertour auf der Donau von Passau bis Oberzell. Zahlreiche Ausflugschiffe, Hotelboote und Lastkähne – nebst den auch auf dem Rhein bei uns beliebten Motorbooten – versuchen unser Boot mit gewaltigen Wellen zu füllen, aber alle Mühe ist umsonst, wir kommen gut in Oberzell an.
Das Abendessen nehmen wir im gepflegten Gartenrestaurant des Hotels «Zum König» in Passau ein (sehr empfehlenswert!).

7. Tag, Montag 27.6.94
Der Vormittag steht uns zur freien Verfügung für den Einkauf von Drachenfutter und andern Reiseandenken. Hier findet Hans Gröbli endlich zwei wunderschöne Gartenzwerge für seine Dependance in der Läui und er strahlt ob diesem Fund wie ein Maikäfer auf der Hochzeitsreise.
Mittags treffen wir uns in der Domkirche St. Stephan in Passau und lauschen dem Orgelkonzert, das alle Werktage um 12.00 Uhr stattfindet. Wir hören Werke von S. Schedt, John Stanley, Franz Liszt und Guillaume-Gabriel Nevers, alles Werke aus dem 17. bis 19. Jahrhundert. Es handelt sich um die grösste spielbare Kirchenorgel der Welt im Dom zu Passau. Sie weist 231 klingende Register mit 17’388 Pfeifen auf! Vier Glockenspiele ergänzen die Klang möglichkeiten. Fünf, sehr unterschiedliche und über die ganze Kirche verteilte Orgeln können von einem Spieltisch aus gleichzeitig oder einzeln gespielt werden. Am Nachmittag wird kleiner Parkdienst gemacht und zur ersten Etappe der Heimfahrt gestartet. In Gstadt am Chiemsee, direkt vis-a-vis der Insel Frauenchiemsee, steigen wir im Gästehaus Heistracher ab, wo wir von der Wirtefamilie äusserst herzlich empfangen werden. Sie kennen uns von einer früheren Rudertour her auf den Bayrischen Seen. Das Abendessen nehmen wir im Cafe am See ein, begleitet von einigen Flaschen weissem, bouquetreichem Sancerre. Nicht vergessen sei dabei, dass uns Peter Dreher zum Abschluss einer sehr schönen und in allen Teilen äusserst harmonisch verlaufenen Rudertour zum Apero eine Runde Cüpli offeriert hat. Vivant Sequentes! Der Abend wurde abgerundet mit der Fernsehübertragung des WM-Spieles Deutschland-Südkorea, kaum zu glauben, nur einer ging schlafen, ausgerechnet Peter Onnen.

8. Tag, Dienstag, 28.6.94
Ein strahlend schöner Sommertag macht uns den Abschied schwer vom gemütlichen Bundesland Bayern, vorallem das reizende Alpenvorland um den Chiem-, Ammer- und Starnbergersee.
In zügiger Fahrt gehts heimwärts. Auf raffinierter Route steuern wir direkt Glarisegg an, wo der «Peter» einem gründlichen Parkdienst unterzogen und an- Fortsetzung von Seite 5 schliessend wieder «eingemottet» wird. Ausklang traditionsgernäss im Bootshaus, wo unsere lieben Frauen zu uns stossen und uns auf die glückliche Heimkehr zuprosten.

Abschliessendes Fazit
Die Flussfahrt auf dem Inn ist landschaftlich grossartig. Bayern bietet im Bereich des Inn eine Unmenge an kulturellen Baudenkmälern an. Das Volk der Bayern ist äusserst freundlich und humorvoll (ausgenommen die Grenzpolizisten). Wegen der fehlenden Schleusen muss viel Zeit aufgewendet werden um die zahlreichen Kraftwerkwehre zu umfahren. Der Inn weist von Neubeuern bis Passau 14 Kraftwerke auf, davon haben wir deren 3 ausgelassen d.h. das Boot verladen und umfahren. Bei den letzten Kraftwerken vor Passau stehen allerdings pneubereifte Zweiradwagen in grosser Anzahl für den Bootstransport im Bereich der Wehre zur Verfügung. Nach unseren Erkundigungen kann der Inn aber z.B. im Hochsommer bei Niedrigwasser kaum mehr gerudert werden. Beste Wasserverhältnisse sind in der Regel im Frühsommer nach der Schneeschmelze.