05.06.2015

Elbe – Rudern und Kultur

Mělník – Meissen

Rudern und Kultur in attraktiver Form zu vermischen, war das Ziel dieser neuntägigen Rudertour. Darum folgten nach der Besichtigung von Prag als kultureller Auftakt, die vier eigentlichen Rudertage für die Strecke Mělník (Einmündung der Moldau in die Elbe) – Litoměřice – Děčín – Pirna – Dresden – Meissen. Auch eine kleine Wanderung in der Sächsischen Schweiz haben wir unternommen: Von der Bastei hinunter an die Elbe. In Dresden angekommen, stand uns noch ein Tag zur Erkundung dieser faszinierenden Stadt im Aufbau zur Verfügung. Also quasi ein „kulturelles Sandwich“ mit reichhaltiger „Ruder – Füllung“. Vorgesehen war eine Ruderstrecke von 186 km, gerudert sind wir 101 km.

Am Vorabend wurden die Boote Bibermüli, Heiner und das übliche Material geladen. Am Freitag früh fuhren wir vom RCS im dicht bepackten Mietauto, inklusive Bootsanhänger, Richtung Prag los. Nach knapp 700 km Autobahn, 11 stündiger Fahrt und einigen Stopps auf Raststätten, kamen wir um 18 Uhr in Mělník, ca. 30 km nördlich von Prag, an. Ein erstes tschechisches Nachtessen in einem gemütlichen Gewölbe-Restaurant liess uns alle Reisestrapazen bei 30°C bald vergessen.

 

100 Türme, 36 Grad

Am Samstag führte uns Alfred durch Prag: Auf ins Vergnügen! Nach einer kurzen Fahrt mit Bus und Metro spazierten wir durch die Alt- und die Neustadt (St. Město und Nové Město) von Prag. Vom Gemeindehaus zum Atstätter Ring, dann via Wenzelsplatz über die Karlsbrücke auf die Kleinseite (Malá Strana) zum Hradschin mit der Prager Burg, dem Veitsdom dem Alten Königspalast. Die prächtige Aussicht von der Burgrampe, vermachte uns einen Überblick über die Prager Altstadt. Rasch hatte sich unsere Gruppe im Gemenge der Strassen und Strässchen verkleinert. In einem kühlen tschechischen Kellerlokal erholten wir uns vom Stadtrummel und 36°C. Alfred informierte uns engagiert und kompetent über Stationen der tschechischen Geschichte und die wichtigsten Sehenswürdigkeiten der hunderttürmigen Stadt. Besonders interessant waren aber die Schilderungen aus dem Leben seiner Vorfahren, die zeitweise hier gelebt hatten. Dadurch sahen wir vieles nicht allein aus der Touristenperspektive. Das Bedürfnis mehr von Prag zu entdecken und wieder zu kommen, wurde geweckt – wann und wie, bleibt offen. Das Nachtessen im ruhigen Mělník konnten wir bei angenehmen Abendtemperaturen im Freien geniessen. Mit dem Blick auf die Einmündung der Moldau in die Elbe (Labe) waren wir gespannt auf unsern ersten Rudertag.

 

Mit Vorsicht zu geniessen

Am Sonntagmorgen war der Himmel grau. Bei kühlen 13°C zog ein frischer Wind auf. Am Ufer der Elbe angekommen, hatte man den Eindruck, die Elbe fliesse aufwärts. Schaum krönte die Wellen. Ratlosigkeit und Enttäuschung machten sich breit. Dann entschieden wir uns, die 44 km nach Litoměřice inkl. vier Schleusen nicht unter die Ruder zu nehmen. „Fidelio“ hiess unsere Rettung. Dario weckte den Matrosen des Ausflugschiff’s „Fidelio“ und wenig später kam auch noch der flotte Kapitän. Wir inspizierten nun die Elbe mit einer kleinen Rundfahrt inklusive Frachthafenbesichtigung. Erste Diskussionen über das Passieren von Schifffahrtszeichen und Kreuzen von grösseren Schiffen kamen schon hier in Gang. Nach zweistündiger Fahrt mit bestem Espresso hatten wir eine erste Gelegenheit unsere Regenausrüstung zu testen um trocken unseren Bus zu erreichen. Nach einer feinen Pizza, reichte es dann am Nachmittag doch noch für eine erste trockene Elbe Ruderfahrt von 18 km oberhalb Roudnice.

Am Montag war die 41 km lange Strecke von Lovosice nach Děčín samt Schleuse geplant. Aber nach 13 km und knapp oberhalb unserer Mittagsrast in Ustí nad Labem, wurden wir von Blitz, Donner und Platzregen überrascht: Weg vom Wasser.  Weg von den baumbestandenen Ufern! In einer wahren Blitzaktion vollzog sich diese Landung am Blocksteinufer. Nass waren alle, auch die Velofahrer im gleichen Unterstand. Nach kurzer Zeit erschien Felix, unser Retter, mit dem Anhänger. Ein „kleines Lebensmittel“ in einer urigen Garagen – Beiz in Ustí stärkte uns auch an diesem Tag. Grau, nass und kühl verlief der Rest des Tages. Somit konnten wir unser geplantes Tagespensum auch am zweiten Rudertag nicht vollständig errudern. Zudem hatten wir nun alle fünf Schleusen im Tschechischen Oberlauf der Elbe auf dem Landweg passiert. Die Elbe ist in diesem Abschnitt von mehreren Staustufen, die vor allem seit den 1950-er Jahren errichtet wurden, geprägt. Bei schlechtem Wetter wirkte dieser Elbe Abschnitt nicht sehr attraktiv als Rudergewässer.

 

Zu Fuss am Fluss

Auch am folgenden Tag trommelte der Regen aufs Hoteldach. Flexibilität war weiterhin gefragt. Alfred änderte die kommenden Tagesprogramme und wir fuhren los Richtung Sächsische Schweiz im Elbsandsteingebirge mit Ziel Bastei und Festung Königstein. Von der Bastei, dem weit zur Elbe hin vorspringenden Felsen, begeisterten uns die bizarren Sandsteinfelsen, Steilwände und Schluchten. Leider waren sie in Nebelschwaden gehüllt und die Tafelberge in der Ferne konnten wir nur erahnen. Der Blick hinunter auf die majestätisch fliessende Elbe und den Kurort Rathen war aber frei. Über die Basteibrücke und eine waldige Steintreppe ging’s 193 m hinunter ans Elbufer und mit der denkmalgeschützten Gierseilfähre zum Mittagessen. Ein weiterer Höhepunkt war der Besuch der Bergfestung Königstein. Das Wetter liess mittlerweile Novemberstimmungen aufkommen. Die Festung thront 247 m über dem gleichnamigen Ort auf einem Tafelberg. Eine 1,7 km lange Mauer umgibt das imposante Festungsplateau. Wir waren uns einig, dass man am Nationalpark Sächsische Schweiz im Elbsandsteingebirge nicht einfach vorbei rudern und kurz hinauf schauen kann.

 

Dresden verzaubert

Auf unserer dritten Ruderetappe Königstein – Pirna – Dresden von 32 km, konnten wir die Festung Königsstein vom Boot aus bei blauem Himmel, weissen Wolken und Sonnenschein bewundern. Der deutsche Oberlauf der Elbe beginnt mit einem breiten Mäander in einer weiten, grün geprägten Landschaft. Alle genossen es, bei gutem Ruderwetter wieder im Boot zu sitzen. Wir begegneten ersten Raddampfern, Ausflugs- und Hotelschiffen, die sicher und in gebührendem Abstand gekreuzt werden wollten. Ob Dresden zierten Rebberge, prächtige Schlösser, wie das Schloss Pillnitz, und erhabene Villen die Elbabhänge. Am Steg des Dresdener Rudervereins e.V. oberhalb des Blauen Wunders (Loschwitzer Brücke), herrschte Hochbetrieb. Zahlreiche Boote landeten, starteten, ein Stegwart hatte das Kommando auf dem Steg. Die jüngsten Junioren absolvierten gerade ihren ersten technischen Rudertest mit Fertigkeiten, wie Landen, Wenden, Aufstehen im Skiff. Auch die RCS Boote wurden zum Landen zugelassen. Nach dem Auswassern gab’s ein kühles Bier und es herrschte ein reger Austausch mit der Clubpräsidentin, den Trainern und verschiedenen Ruderinnen und Ruderern. Unsere Boote übernachteten zwei Mal auf dem Clubareal. Während den letzten drei Nächten logierten wir in der Cityherberge in Fussgängerdistanz zur Altstadt. Ein besonderes Erlebnis mehr!

Am Donnerstag führte uns Katrin Krause durch Dresdens wieder aufgebaute Altstadt. Ihre Führung unter dem Titel „Dresden – Gegenwart und Geschichte“ zeigte uns die schönsten Seiten der Altstadt. Vom Altmarkt zum Theaterplatz mit der Semperoper, zum Zwinger. Vorbei am Fürstenzug zur wieder aufgebauten Frauenkirche. „Oma hat alles miterlebt“, Katrin Krause war als 18-jährige bei der Wende dabei. Das prägte auch ihre engagierten Schilderungen. Beeindruckt haben uns auch die Hochwassermarken an verschiedenen Gebäuden der Innenstadt. Aktuell herrschte Niedrigwasser, so dass nur wenige Tage zuvor, die Schifffahrt auf der Elbe noch eingestellt war. Extrem unterschiedliche Pegelstände gehören aber zum üblichen Geschehen an der Elbe. Gemeinsam in der Sächsischen Staatsoper eine frische, politische und barocke Inszenierung der Operette Fledermaus von Johann Strauss zu erleben, war ein weiterer Höhepunkt.

 

„Ruderziel Meissen erreicht!“, hiess es am Freitag nach 35 km. Wir hatten die Boote beim Dresdener Ruderverein e.V. wieder gewassert, diesmal bei strahlendem Wetter. Von den Ruderbooten genossen wir nochmals den nun bekannten Blick auf das Zentrum von Dresden mit seinen Palästen und Kirchen. Die Landschaft unterhalb Dresden war lieblich wie ein Gemälde aus dem 19. Jahrhundert: Schafherden, weidende Kühe mit ihren Kälbern, galoppierende Pferde. Elbwiesen und Flussauen zogen still an uns vorbei. Majestätisch überholte uns auch der Raddampfer „Diesbar“. Ob Meissen tauchten die ersten Rebberge der Stadt auf. Der Blick auf den Dom und die Albrechtsburg war der krönende Abschluss unserer Ruderstrecke Mělník – Meissen. Felix und Lisbeth empfingen uns beim Meissner Ruderclub „Neptun“ mit einem kühlen Bier. Auch ein „Schwumm“ in der kühlen Elbe war recht erfrischend. Im historischen Weinrestaurant von „Vinzenz Richter“ haben wir auf unsere Elbe Rudertour angestossen. Über den stattlichen Burgberg ging‘s wieder hinunter in die Altstadt.

 

Wasserreise mit Gruppenerlebnis

Mit Bus und aufgeladenen Booten fuhren wir elbaufwärts zurück nach Dresden. Die abendliche Pianofahrt auf dem stattlichen Schaufelraddampfer Dresden auf der spiegelglatten Elbe bis Pillnitz und zurück, genossen wir bei Sonnenuntergang und romantischer Sommerabendstimmung. Elbflorenz – wir haben auch hier schöne erste Impressionen mitgenommen!

 

Es gäbe natürlich noch vieles zu erwähnen. Zum Beispiel das besondere Talent gewisser Ruderinnen bei einer Blitz- und Donnerlandung, besondere Steuertalente, versiertere und weniger versierte Wanderruderinnen und -Ruderer, unterschiedliche Kommandos beim Einwassern und Boote abladen, „de goalie bin ig“ etc.

 

Liebe Lisbeth, lieber Alfred, wir bedanken uns auch auf diesem Wege nochmals ganz herzlich für das schöne Elbetour – Erlebnis. Dem Titel „Rudern und Kultur“ wurde diese vielfältige Wanderfahrt bis in die Details in jeder Hinsicht gerecht. Euer Engagement, zeitaufwändig und intensiv, wurde aus unserer Sicht mehr als belohnt. Besonders geschätzt haben wir auch das Rudern in verschiedenen Booten und wechselnder Besetzung. Margrit sei gedankt für die präzise Führung unserer Gemeinschaftskasse. Wir haben deinen Einsatz jeweils fast nicht bemerkt. Den Fahrern Felix, Alfred, Peter und Dario sei bei dieser langen Fahrt auf deutschen Autobahnen, ganz besonders gedankt. Felix, wir haben deine Erfahrung und dein praktisches Bootsbauwissen natürlich besonders geschätzt, auch wenn der „Heiner “ trotz allem noch mit seinen Holzwurmlöchern heimkehrt.

 

Schön und interessant waren die Elbtage. Aber gerne kehrten wir heim an den grünblauen Rhein und schätzen unseren idyllischen RCS umso mehr.

 

Bericht: Kristina Wyss – Böhni

 

Teilnehmende

Lisbeth und Alfred Feichtinger

Felix Theimer

Kurt Bänteli

Margrit und Dario Gläss

Uli Neidhart

Katharina Schneider

Dora Steinmann

Christina Wullschleger

Kristina Wyss-Böhni

Peter Zbinden