11.05.2005

Voga Longa 2005 mit Rudertour

Nun schon seit mindestens 12 Jahren nahmen am Pfingstsonntag wieder Boote des RCS an der zum 31. Male durchgeführten Rudertour in der Lagune von Venedig teil. Es waren dies die Boote «Bibermühle» und «Peter» und der vom Radolfzeller Ruderklub Undine zur Verfügung gestellte gesteuerte Doppelvierer «Untersee». Mit ihnen nahmen 1462 Boote aller Arten und 5165 Ruderinnen und Ruderer und Paddler den 30 km langen Rundkurs in Angriff. Damit sich die lange Anfahrt lohnte, begannen die 15 Schaffhauser RuderInnen, sowie die 5 Radolfzeller mit dem 4. Boot die Tour bereits am Donnerstag in Casier bei Treviso. Auf der bis hier von der Lagune aus schiffbaren Sile ging es den 1. Tag 23 km flussabwärts bis Quarto d’Altino durch eine liebliche Flusslandschaft, gesäumt von Herrschaftssitzen im venezianischen Stil, aber auch Ziegeleien, teilweise verfallen, wie die heute durch Camions ersetzten am Ufer verrottenden Lastkähne.

Am 2. Tag wurde die Fahrt auf der Sile bis Porte Grande fortgesetzt, dann nach Passieren einer Schleuse auf dem Grande Canale Silone Richtung Torcello. Der Übergang von Land und Wasser war hier fast fliessend. Zur Mittagsrast legten wir in einem kleinen Kanal fast unter der Teufelsbrücke am Ristorante «Al Ponte del Diavolo» an und konnten auf der schattigen Terrasse einmal mehr den Genüssen der cucina italiana frönen. Von da ruderten wir an Burano, Francesco del Deserto und S. Erasmo vorbei Richtung Lido. Gewitzt durch frühere Erfahrungen wurden Untiefen und unfreiwillige Landungen vermieden. Sobald wir S. Elena passiert hatten, wurden an Steuerbord in der Ferne die Türme von Venedig und der Dogenpalast sichtbar. Nach 35 km erreichten wir den uns wieder Gastrecht gewährenden Ruderklub «Diodora» am Lido. Am Bootsanhänger, den unsere Landjohanne Dölf und Edith pünktlich trotz Staus an der Fähre hierher gebracht hatten, fassten wir das Gepäck und bezogen Zimmer in den nahen Hotels «Villa Stella» und «Angelica».

Der Samstagmorgen war frei bzw. für Charlotte und Christoph hiess es Einschreiben und Fassen der Startnummern (999–1001), bevor wir zur 20 km langen Ausfahrt zum Ristorante dei Tedeschi auf der Insel San Erasmo aufbrachen. Die Küche des den meisten schon bekannten Restaurantes enttäuschte nicht. Wir schafften es noch trockenen Fusses bis ins Hotel bis sich ein Gewitterschauer entlud. Wie würde das Wetter morgen sein?

Am Sonntagmorgen erwartete uns blauer Himmel. Leichte Schleier-wolken, fast fehlender Wind und geringer Wellengang waren gute Bedingungen für die Voga. Wir brachen früh auf, um einen günstigen Startplatz im Becken von San Marco zu erlangen. Bis dahin waren ca. 4 km zu rudern, vorbei am Lazzaretto Vecchio und S. Lazzaro d’Armeni. Im Anblick des Dogenpalastes und S. Giorgio Maggiore, S. Maria Salute, aber auch des amerikanischen Kreuzfahrtschiffes Golden Princess, welches an de Riva dei 7 Martiri vertäut lag, bezogen wir Wartestellung. Die Ausmasse dieses Schiffes und eines zweiten der Costa Linie, das in den Giudeccakanal geschleppt wurde, sprengten geradezu die Dimensionen der altehrwürdigen historischen Bauten.

Das Lagunenbecken füllte sich nun schnell mit allen Arten muskelbetriebener Boote. Vom Einer bis zum 16er Pupparino venezianischer Bauweise, Drachenbooten, Outriggerbooten bis zum Achter – obwohl offiziell verboten – Kajak-Einer, Zweier, Jollen, venezianischen Bootstypen mit 2, 4, 6 Stehruderern war alles vertreten. Der älteste Teilnehmer, ein Bergamasce zählte 87 Jahre, der zweitälteste, ein 83-jähriger Priester fuhr in einem Einer-Kajak, die jüngsten waren drei 14-Jährige in einem 16er Pupparino von San Erasmo. Vertreten waren aber auch viele Nationen. Gemäss Statistik der letzten Jahre dürften ¼ Venezianer, ¼ Italiener und ½ übrige Nationen aus der ganzen Welt dabei gewesen sein.

Um 9.00 h ertönte der Startschuss aus einer Kanone und die Armada setzte sich in schnellere Bewegung, war doch jeder bestrebt mit unter den ersten die Engpässe auf dem Wege zu Burano zu passieren. Bis auf kleinere Kollisionen gelang das auch. Um 10.44 h erreichte das 1. Boot, ein Achter des Wiener Ruderklubs «Pirat» das Ziel, gefolgt von einem Ruderboot von «Lario» Como. Es folgten 2 deutsche Boote, darunter eine 8er Jolle mit der Originalbesatzung des deutschen Olympiasiegers von München. Aber es ging ja nicht um die Ränge sondern ums Mitmachen. Die Strecke führte um S. Elena herum am Arsenale, S. Vinole vorbei an S. Erasmo entlang nach Burano. Überall, wo es möglich war, säumten Zuschauer die Ufer und feuerten mit Rufen und Musik die Ruderer an. In Burano, ungefähr in der Streckenhälfte, machten wir einen kurzen Halt am Steg einer uns schon bekannten venezianischen Familie und stärkten uns an den meisterhaft von Lisbeth und Alfred zubereiteten Panini, Obst und Getränken. Dann gings weiter an Murano und S. Michele vorbei Richtung Canal Grande. Um dahin zu kommen, mussten wir das Nadelöhr, die Einfahrt in den Canale di Cannarreggio passieren. Im Stau gab es fast kein Vorwärtskommen bis zur Ponte dei Tre Archi. Im Gedränge kollidierte eine 8er-Jolle der Neuseeländerinnen und versank. Glücklicherweise kam niemand zu Schaden und konnte das dem Klub Diodora gehörende Boot wieder geflickt und flott gemacht werden.

An beiden Seiten des relativ engen Kanals verfolgten zahlreiche Zuschauer sozusagen hautnahe das Schauspiel und sparten nicht mit Zurufen, Beifall wie «bravi svizzeri», andere klapperten mit Topfdeckeln . . . Nach der Brücke kamen wir in etwas freieres Wasser, dann bog man in den Canal Grande ein, passierte die Rialto-Brücke und die imposante Kulisse der historischen Paläste. Kurz vor S. Marco bildete sich wieder ein Stau, mussten die Boote doch in Einerkolonne den Ponton mit dem Ziel anfahren. Jedes Boot, jeder Teilnehmer wurde namentlich ausgerufen und die Medaillen und die Diplome ins Boot geworfen. Wir waren aber noch nicht am Ziel. Zunächst galt es, den sehr unruhigen Giudecca Kanal zu überqueren, bevor wir eine Verschnaufpause einlegten und dann die Reststrecke zum Lido bewältigten.

Das Auswassern und Bootversorgen waren Routine. Unsere 4 Boote waren alle wohlbehalten eingetroffen und die Spannung machte Genugtuung Platz, die Herausforderung gut geschafft zu haben. Das tolle Erlebnis musste mit einem Prosecco würdig gefeiert werden. Den Schluss bildete ein gemeinsames Nachtessen im pittoresken Ristorente «40 Ladroni», Italianità pur. Ein Teil der Gruppe trat bereits am nächsten Mittag die Rückreise an, der andere Teil genoss noch einen weiteren Tag die Lagunenstadt. Dölf und Christoph chauffierten den PKW mit Bootsanhänger sicher nach Hause. Die von Charlotte und Christoph vorbereitete Tour und deren Ablauf war ein grosser Erfolg, den Beiden sei vielmals gedankt.